Die vierteilige Reihe "Schrecklich schöne Bausünden" setzt sich mit Bauwerken auseinander, die als architektonische Sündenfälle abqualifiziert wurden, aber heute, aus neuer Perspektive betrachtet, durchaus in ihren Bann schlagen können. In dieser Folge werden in die Landschaft geklotzte Betonbauten ins Visier genommen, die als brutalistisch bezeichnet werden. Der Fachbegriff leitet sich vom französischen "béton brut" ab: roher Beton, kantig, ungeschlacht – und eigentümlich faszinierend. So etwa das wie ein zerbrochenes postapokalyptisches Raumschiff wirkende Kloster "Sainte Marie de la Tourette" im französischen Eveux. Erbaut wurde es von Architektur-Genie Le Corbusier, dem Begründer des Brutalismus. Charles Desjobert ist Dominikanerbruder sowie Architekt in Personalunion und verspürt nichts als Begeisterung für den denkmalgeschützten Sakralbau – und macht begreiflich, wie hier brutalistisches Äußeres und innere Einkehr zur Symbiose finden. Oder das Royal National Theatre in London, das mit seiner rohen Betonfassade verstört, um dann mit seinen einladenden Foyers zu überraschen und seine Seele als Theaterfabrik zu offenbaren. Ein weiters Beispiel ist die "Schlange" in Berlin: Ein 600 Meter langer Wohnblock in der Schlangenbader Straße, durch dessen Bauch eine Autobahn führt? Dort möchte man nicht wohnen, sollte man meinen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Wohngemeinschaft ist zusammengeschweißt und stolz auf ihre Adresse. Brutalistische Bauten haben ein Herz aus Beton. Sie sind architektonische Punks, sie provozieren. Regisseur Dag Freyer geht dem Wesen des Baustoffs Beton auf den Grund: Warum fasziniert er Architekten so sehr? Warum geht seine Ära möglicherweise zu Ende? "Brutalismus" kommt nicht von "brutal", doch ihr Image als "Bad Boys" im Stadtbild schreckt die Liebhaber der Betonklötze nicht ab – im Gegenteil. Denn manche sind eben auch: schrecklich schön.